Mittwoch, 21. November 2018

Stille Tage oder: Das Weihnachtsparadox

Es weiß kaum noch jemand, aber die Woche zwischen Volkstrauertag und Totensonntag wurde (und wird) als "Stille Woche" oder auch "Die stillen Tage" bezeichnet.
Eine Zeit zur Einkehr und Besinnung.
Am Totensonntag wird in der Kirche noch einmal jedem Verstorbenen der letzten 12 Monate gedacht, jeder Name wird vorgelesen und die Totenglocke schlägt für jeden Menschen, der genannt wird.
Damit endet das Kirchenjahr und die Vorbreitung auf den Advent beginnt.
Der erste Adventssonntag ist der erst Sonntag im Kirchenjahr.

Jetzt fängt die Zeit an, auf die alle hinfiebern - endlich weihnachtlich schmücken (sofern man es so lange hat aushalten können), endlich Weihnachtsgebäck backen - denn kaufen kann man es schon seit drei Monaten und eigentlich hängt einem die ewig gleiche Industrieware schon zum Halse raus.

Am 27.12. fliegt der ganze Plunder dann wieder in die Kiste - ein Monat Kitsch und Blink-LEDs reicht!

Ist es nicht paradox, dass monatelang darauf gewartet wird, das Haus für die schönste Zeit des Jahres zu schmücken nur um dann nach Ende des Fests alles wieder zu verstecken?
In Kisten und Kartons häufen sich Deko-Artikel, die über Jahre angesammelt werden, gerade noch der letzte Schrei und "in", sind sie eine Saison später wieder "out".
Aber ist auch irgendwie egal, denn (ebenso paradox) man kauft billigen China-Schrott im Baumarkt oder teuren China-Schrott bei einschlägigen Fachhändlern und Kaffeeröstern.
Schnell gekauft, vier Woche gebraucht, 11 Monate in der Kiste und dann liegt der Kram jahrhunderte lang auf dem Müll.

Dabei gibt es doch regionale Schmücktraditionen, geboren aus den verfügbaren Materialien, der Mentalität und (der mehr oder weniger vorhandenen) Frömmigkeit.
Tatsächlich waren diese Dinge oft nachhaltig, wiederverwendbar, wertvoll und wurden von Generation zu Generation weitergegeben.
Ein gewaltiger Unterschied zu dem ewiggleichen  Plastiktand mit Blinkelämpchen und Glitzer.

Vielleicht kann dieser Beitrag dazu anregen, die eigene Weihnachtsdeko mal zu durchforsten - finden sich liebgewonnene Teile an? Können Sachen aussortiert werden? Dann am besten in gute Hände abzugeben, nicht einfach in den Müll werfen.
Oder ist es möglich, generell etwas abzurüsten und alles etwas weniger bunt, etwas weniger blinkend, leuchtend und laut zu machen?

Bei uns wird es wieder echte Kerzen geben.
Echtes Tannengrün und echte Kekse. Alles in Maßen - nicht in Massen.


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