Montag, 21. Oktober 2024

"Warum hassen Sie mich"

Kennt noch jemand die Folge aus der Serie "Friends", in der Chandler (durch eine Verkettung unglücklicher Umstände) alleine im Theater in einer One-Woman-Show sitzt, in der eine Schauspielerin eine Darbietung einer frustrierten Frau auf die Bühne bringt?
Chandler fühlte sich wirklich deplatziert - nicht nur, weil es wirklich nur um Frauenthemen ging, sondern auch, weil er alleine in der ersten Reihe saß - komplett im Focus der Darstellerin und da niemand neben ihm saß fühlte er sich auch immer direkt angesprochen.

Ein bisschen so fühlten wir uns auch, als wir zur offenen Vorlesebühne gegangen sind. 
Victor hatte sich in den Kopf gesetzt, dort etwas vorzutragen, was er selber geschrieben hat.
So saßen wir also im leidlich gefüllten, aber hübsch dekorierten Publikumsraum und harrten der Dinge, die da kommen sollten.
Ein Mittfünzigerin, alternativ gekleidet, betrat die Bühne, sezte sich, sprach eine kurze Begrüßung mit einer Ankündigung, wer alles lesen wolle und dass Hubert mit der Gitarre für etwas musikalische Umrahmung sorgen würde. 
 
Das Spiel begann, es wurde gelesen: Kurzgeschichten, Gedichte, Hörspiele, selbstgeschriebenes, gefundenes und auch etwas frei vorgetragenes. 
Victor war an zweiter Stelle und so hegten wir die Hoffnung, nach der Pause gehen zu können.  
Nicht, dass es langweilig oder enttäuschend gewesen wäre, aber an einem Sonntagnachmittag könnte man bei gutem Wetter auch etwas im Garten tun. 
Doch Victor wollte bleiben und alle anderen auch. Der Raum war nach der Pause so voll, wie vor der Pause. Es gab keine Peinlichkeiten, nichts, wo man schreiend rausrennen wollte, es war alles in Ordnung. Fast schon enttäuschend, dass es keinen Lapsus gab, nichts, über das man hätte etwas meckern können. Professionell, freundlich, die Qualität durchaus vernünftig. Die Atmosphäre durch und durch positiv. Niemand hat gebuht, es wurde immer geklatscht und schließlich gab es später sogar noch direkten Zuspruch für Victor, dem einige gesagt haben, wie sehr sie sich in seinen Gedichten wiedergefunden hätten.

Wir haben uns bei dem Gedanken erwischt, auch zur nächsten freien Vorlesebühne zu gehen - ganz freiwillig.

Dienstag, 15. Oktober 2024

Ein neuer Frühling

Groß war die Hoffnung - und so schnell gab es eine Bauchlandung. 

Zum Musikzug war ein "Neuzugang" gekommen, der großen Schwärmerei wegen hatte ein Mädchen - der Einfachheit halber bleiben wir mal bei "Anna" - schon einige Übungsabende bei uns verbracht. 
Dann hat sie jemand bequatscht, ein Instrument zu lernen. 
Die Wahl fiel aufs Saxophon, somit war ich schon wieder mit im Boot und habe an einem folgenden Abend versucht, der neuen Anna das Instrument nahezubringen. 

Um es kurz zu machen - wir haben am selben Abend entschieden, die Sache auf sich beruhen zu lassen. 
Bei ihr sah es so aus, als wüsste sie gar nicht, was sie mit dem Instrument anfangen sollte. Es wirkte wirklich nicht so, als wäre überhaupt Bereitschaft da, ernsthaft anfangen zu wollen. Ja, sie hat ein paar Töne rausbekommen; dünn und luftig, so wie man es von Anfängern halt kennt. 
Aber das Prinzip, wie sie die Töne produziert hat sie anscheinend nicht verstanden. Es war mehr Zufall, wenn ein Ton kam und sie ließ sich auch nicht erkennen, dass sie irgendwie etwas lernte. 
Also bei jedem Mal etwas mehr Gefühl dafür bekam, was sie besser, "richtiger" oder auch anders hätte machen können. 
Sie hat dann auch recht schnell gesagt, dass das wohl nichts für sie wäre und üben würde sie auch nicht (wollen). So war die erste Übungsstunde auch gleich die letzte. 
Da sie keinerlei Ambitionen hegte, auch noch ein anderes Instrument zu probieren, bleibt nur, diese Anna unter "immerhin hat sie es mal versucht" abzuhaken. 

Ehrlicherweise gebe ich zu, dass ich es gut finde, dass sie deutlich abgesagt hat. Das erspart mir und auch ihr eine Woche Hoffen, Bangen und Frust und vor allem mir auch einen weiteren Abend, an dem ich früher und wirklich pünktlich los muss. 

Ein bisschen schade ist es dann doch, weil wir gut noch ein weiteres spielendes Mitglied hätten haben können. Egal ob am Saxophon, an der Trompete oder sonstwo. 
Aber vielleicht findet sich mal wieder jemand, der dann auch Lust hat, ein Instrument zu lernen und nicht nur kommt, weil er überredet wurde.