Donnerstag, 29. Juni 2023

Abschied von Moira

 Fa. Knöterich sitzt in einem alten Gemäuer. Das ist nunmal so, wenn eine Firma schon recht betagt ist. Damit einher geht der Umstand, dass nicht alles auf dem neuesten Stand ist. 
So war auch unser Brandschutz nicht mehr up to date. 

Aber es gibt Feuerwehr-Verantwortliche, die Bekannte haben, die einen Laden kennen, der das in Nullkommanichts für richtig viel Asche wieder auf Vordermann bringen. 
Es haben also einige Wochen lang Weißrussen Wände durchbrochen, Wände neu gemauert, FH-Türen gesetzt und vor allem viel Lärm gemacht. Dann kamen die Elektriker und haben Rauchmelder installiert. 
Bis jetzt hat noch kein Test so richtig funktioniert, aber ein Dreistelliger Betrag ist sicherlich geflossen und das ist das Einzige, was wichtig ist. 

Nun gibt es einen Raum, in dem Testgeräte standen, Anschauungsobjekte und Dinge, die nur sporadisch gebraucht wurden. Kurzum, er war vollgestellt, aber man kam vom einen Ende zum anderen. 
Allerdings ist es ein Innenraum - mit "innen" meine ich "innen". 
Es gibt zwei Türen, dazwischen einen langen Raum und keine Fenster. 
Das einzige Licht kommt durch zwei Glasplatten, die in der Zwischenwand zu einem anderen Raum sind, der tatsächlich ein Fenster nach Norden hat. 
Alternativ kann man gemütliche Neonröhren anschalten. 

Der Raum ist für mich eine Abkürzung für fast alle Wege und - großer Vorteil - es sieht einen niemand, weil den so gut wie niemand nutzt. 
So habe ich mich da also oft durchgeschlichen, oft im zwielichtigen Dunkel und in der Hoffnung, nicht gegen etwas schmutzigen zu stoßen oder gar zu stolpern. Mein Handy diente oft als Leuchte, wobei ich meistens nur das Display aktiviert habe. Es reichte ja, den Weg zu erahnen. 
So fühlte ich mich dann für wenige Sekunden wie ein Gefährten von Gandalf, als sie Moria durchquerten. 

Doch jetzt sind die Elektriker "durch", es hängt ein beleuchtetes Schild "Notausgang" an der einen Tür und selbst im tiefsten Winter, wenn es schon um drei Dunkel ist, scheint der Raum taghell illuminiert zu sein. Alleine das Notausgangs-Schild gibt soviel Licht, dass die Neonröhren überflüssig sind. 
Zudem musste aus Brandschutzgründen so ziemlich alles ausgeräumt werden. 

Vorbei das bisschen Nervenkitzel, vergangen das bisschen Dunkel im Leben, dahin das Gefühl ein kleines Abenteuer zu erleben. 
Was ist diese Welt doch bloß langweilig geworden.

Dienstag, 13. Juni 2023

Der Zug hat keine Bremse

Bea und ich waren zu einer Goldenen Hochzeit eingeladen. 
Für alle, die das nicht wissen - Goldene Hochzeit bedeutet, 50 Jahre ohne Unterbrechnung mit der gleichen Person verheiratet zu sein. 
 
Die gut in Mathe sind, haben schnell mitgerechnet und wissen, dass die Hochzeit 1973 stattgefunden haben muss.
 
Damit ich nicht noch mehr langweile, als ich das sowieso schon tu, bringe ich die Pointe zuerst. 
Es wurde exakt so gefeiert, wie die Alten es schon Anno '73 gemacht haben. 
 
Das "Hochzeitsessen" war klassisch (zumindest für unsere Region): Vorsuppe, zwei Sorten Fleisch, Soße, Gemüse, Kartoffeln, Kroketten. Etwas genauer gesagt: Es gab zwei Soßen, passend zu den zwei Sorten Fleisch. Von allem reichlich - ein Zugeständnis an die neue Zeit war dann doch zu finden; wer wollte, konnte vegetarisch essen. 
Nach dem Hauptgang gab es Eis, genauer: Eistorten. Viele Eistorten. 
Ja, zugegeben, die Auswahl war vermutlich nicht nur größer, als '73, die Sorten waren auch sehr modern. 
Tatsächlich schmeckte alles, was aufgetischt wurde. 
 
Es gab eine Rede vom Goldpaar, die Kinder haben etwas vorgeführt und dann wurde getanzt. 
Was können die Alten tanzen!!
Obwohl es wirklich warm war, blieb das Jacket am Mann und der Schlips am Hals. 
Dabei wurde wirklich viel getanzt. "Damals" war die Tanzschule noch gut und die haben ja schon viel in ihrem Leben getanzt. Das war zu merken, die konnten nicht genug bekommen. 
Keine Rede davon, dass die Feier lahm war oder sich die Reihen gegen 10 Uhr abends lichten. 
Die Alten waren gut dabei. 

Nur die Musik war nicht so das Wahre. Warum muss auf einer goldenen Hochzeit der deutsche Schlager gespielt werden, der nur von Andrea Berg bis Helen Fischer reicht. 
Waren die in den 70er Jahren nicht in ihren Zwanzigern. Haben die wirklich nur Schlager gehört? Die internationalen Tanzhits wurden auch im Nachkriegsdeutschland gespielt. 
Leider Fehlanzeige. Kein Jefferson Airplain, kein Elton John, kein Pianoman, kein Queen, nichts von den Jackson Five - alles Sachen die tanzbar sind und sicher auf jeder Fete gelaufen sind. 

Gegen 2 haben dann einige junge Leute noch eine Polonäse organisiert, zu "Der Zug hat keine Bremse" ging es durch den Saal. Ob das jetzt einer der Höhepunkte der Feier oder der Tiefpunkt der Musik war, bleibt dem Betrachter überlassen. Für uns war es Zeit die Alten zurückzulassen - man ist ja keine Vierzig mehr.

Donnerstag, 8. Juni 2023

Das übliche Gejammer und spührbare Konsequenzen

Ja, es ist das übliche Gejammer und Wehklagen. 
Beim bundesweiten Lesetest ist herausgekommen, dass 25% der Schüler die Mindestanforderung an die Lesekompetenz nicht erfüllen.
Schuld hat die Schule, die es nicht schafft, Kinder aus verschiedenen Haushalten auf einen Stand zu bringen. Besonders die Kinder aus bildungsfernen Haushalten bleiben auf der Strecke. 
 
Niemand spricht es laut aus, aber vielleicht ist es den Akademiker-Eltern wichtig, dass die Blagen lesen können, daher bekommen die eher Nachhilfe. Vielleicht sind auch Bücher als solches in "gebildeten" Haushalten präsenter. Ob der interfamiliäre Umgang besser ist, kann ich nicht beurteilen.
Aber mir kommt es so vor, als ob umso mehr Wert auf das Lesen gelegt wird, je höher der Bildungsgrad der Eltern ist. 
Kann die Schule all das aufholen, was im Elternhaus versaubeutelt wurde?

Zudem kommt die ständige Verfügbarkeit von CDs, der unseligen TonyBox, mit der schon Kleinkinder Geschichten am laufenden Band hören können, weil auch die Bedienung einfach ist, Fernsehen - egal, ob linear oder gestreamt und von Insta, TikTok und YouTube ganz zu schweigen. 
Warum soll man etwas lesen, wenn man es sich auch ansehen oder anhören kann?

Wer den Kindern lesen beibringen möchte, muss in ihnen die Liebe zur Erfahrung der selbsterschlossenen Geschichte wecken. 
Das hört sich viel zu sperrig an, um populär zu sein.

Früher - also bevor der Fernseher das zwischenmenschliche Leben nachhaltig zu zerstören begann, waren Bücher und die Fähigkeit diese lesen zu können, der Schlüssel zu einer neuen Welt, zu Wissen und der Erfahrung anderer. 
Ist alles nicht mehr nötig; siehe oben. 
 
Was ist nun aber festzustellen, wo die "digital natives" erwachsen werden und ins Berufsleben streben?
Junge Leute, die Probleme mit der zwischenmenschlichen Kommunikation haben. Verkäufer, die nicht mehr mit Kunden sprechen möchten, sondern lieber still über WhatsApp oder E-Mail kommunizieren wollen. Berufsschüler, deren Aufmersamkeitsspanne genau so lang ist, wie ein TikTok-Video (es heißt dort bestimmt nicht Video und ich bin einfach zu alt, um das zu wissen, aber es ist hoffentlich klar, was ich meine).

Die Möglichkeit, zu jeder Zeit das Internet zu nutzen gibt uns große Chancen. 
Es kann zu jeder Zeit wissen abgerufen werden, Bilder, die mehr als tausend Worte sagen, ebenso wie man Kontkate in jeden Winkel der Welt knüpfen kann. 
Doch für eine sinnvolle Nutzung muss der Anwender ausgebildet und befähigt werden. 
Sowohl am Gerät selbst, aber auch analog. 
Das bedeutet eine große Verantwortung für die Lehrer, aber noch viel mehr für die Eltern, denn das sind die, von denen Kinder und Jugendliche ihr Verhalten übernehmen und durch deren Leben sie geprägt werden. Ein jeder sollte also bei sich selbst anfangen, denn eine Gesellschaft, die ihre Werte vernachlässigt wird sich nicht positiv entwickeln können.