Dienstag, 19. März 2013

Briefmacke

Es ist immer wieder ein Erlebnis.
Vor mir ein Blatt Papier.
Dann fange ich zu schreiben an und ein Blatt Papier füllt sich mit blauer Tinte.
Die blaue Tinte wiederum fängt meine Gedanken ein. Sorgen, Ängste, Schönes, Träume, Erinnerungen.
Auf einer Ansammlung von Fasern entsteht ein Abbild meiner Gefühlswelt - unvollständig zwar, oftmals auch etwas unstrukturiert und begrenzt - denn auch im Brief teile ich nicht alles mit und viele Nuancen lassen sich gar nicht beschreiben.
Ein Brief von mir kann schon mal zwei Blätter, doppelseitig und eng beschrieben. Schließlich geht es nicht nur um mich. Ich erkundige mich nach Befindlichkeiten, wie die aktuelle Lager beim Gegenüber aussieht, frage nach Plänen und Gelesenem, Gedanken und Gefühlen.
Zwiesprache über Kilometer und Zeiten hinweg.
Nicht das schnelle Telefonat, nicht die knappe SMS - nein, der überbordene Brief.
Relikt und Luxus in einer Zeit, die keine Zeit mehr hat.
Das ist auch an meinen Briefen zu sehen.
Eng beschrieben, oftmals etwas hastig dahingeworfen, denn der Raum, der für einen Brief nötig ist, auch der ist leider knapp. So schreiben ich bevorzugt zwischen 10.00 Uhr abends und 1.00 Uhr morgens - viel zu lange Briefe.

War es Storm, der einstmals sagte: Ich schreiben Dir einen langen Brief, weil ich keine Zeit für einen kurzen hatte!
Um zu kürzen, zu straffen, seine Gedanken zu ordnen, jedes überflüssige Wort hinwegzunehmen - dafür fehlt auch mir die Zeit, selbst wenn ich den Brief im Vorwege schon gedanklich strukturiert und durchdacht habe.
Es wäre noch Luft, es besser zu tun.

Und doch fängt alles mit dem ersten Federstrich an.
Ein Erlebnis, das viele nicht mehr schätzen.

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